Das Necronomicon – Das Nukleare Chaos

Das Nukleare Chaos und die kosmischen Gesetze

Das Wissen, das ich erfahren musste, hat mich gezeichnet. Und auch wenn ich spüre, dass es meine Bestimmung ist, diese Zeilen niederzuschreiben und das, was mir im Laufe meines Lebens offenbart worden ist, zu bewahren, bereue ich schon jetzt, diesem Ruf gefolgt zu sein. Was die Menschen auf Erden kennen ist nichts, als ein flüchtiger Schatten der wahren Mächte, die unsere Existenz beherrschen. Ich erfuhr von den Großen Alten, von ihren Priestern und Kulten und von den Äußeren Göttern, deren Namen kaum ein Mensch je ausgesprochen hat.

Jenseits der Dimensionen, die unserem Verstand bekannt sind, existieren die Äußeren Götter. Diese Wesen sind die obersten Mächte allen Seins. Was wir als Planeten und Sterne bezeichnen, sind in ihren Augen bloß Staubkörner in einer kosmischen Unendlichkeit. Diese Wesen sind für den menschlichen Geist kaum greifbar. Sie sind keine finsteren Dämonen, die menschliche Seelen versklaven wollen, sondern Mächte, die fernab von unseren Vorstellungen von Moral und Gut und Böse existieren. Ihre Gleichgültigkeit ist der wahre Schrecken. Der Mensch ist für sie bedeutungslos.

Azathoth, die letzte Unendlichkeit

Wisse, o Leser, dass alles, was ich in diesen Zeilen offenbare, so unvorstellbar es auch sein mag, nur ein Schatten der reinen und ganzen Wahrheit ist. Wer die Gesetze der Menschen studiert, erkennt Ordnungen, Maß und Zahl; doch wer es wagt, den Schleier zu lüften und den Kosmos zu erblicken, dem offenbart sich ein anderes Gesetz, das Gesetz des Chaos, das ungeschrieben und ewig ist.

Nachdem ich aus der namenlosen Stadt geflohen war, verweilte ich weiter in der Roba-el-Khaliyeh-Wüste. Ich wusste, dass meine Reise noch lange nicht beendet war, doch konnte ich von nun an nicht mehr zur Ruhe kommen, war es doch, als sei mein Geist durchdringt worden, von dem Wissen unzähliger Generationen, das mir gewaltsam offenbart wurde.

Eines Nachts lag ich, nachdem ich zuvor unzählige Stunden ziellos nach einem Ort für mein Nachtlager gesucht hatte, auf dem kalten Sand, den Blick erhoben zu den Sternen, die in stummen Kreisen glühen. Ich lauschte erneut dem Azif, doch das Rauschen, das ich vernahm, war so unnatürlich wie nie zuvor.

Ich brauchte ewig, um in dieser Nacht Schlaf zu finden. Nachdem ich es endlich geschafft hatte, meine Augen zu verschließen und zur Ruhe zu kommen, begann ich zu träumen. Doch dies war kein gewöhnlicher Traum; alles um mich herum kam mir real vor, als sei ich immer noch wach. Das Azif durchdrang meinen ganzen Körper, ich hörte es auch im Schlaf noch deutlich. Es war jetzt wie ein Murmeln, ein schrecklicher Gesang, der durch die Leere des Kosmos hallt. Ich spürte, wie es meinen Geist durchdrang und erkannte seine wahre Natur, so als sei dieses Wissen bereits ewig in mir gewesen: Nicht Gleichmaß, nicht Ordnung, sondern blinde Raserei ist der Quell allen Seins.

Dieses Toben, das im Herzen des Universums lodert, nennen die wenigen Gelehrten, die von seiner Existenz wissen und sie verstehen, das Nukleare Chaos. Aus ihm quillt das Licht der Sonnen, und in ihm vergehen sie wieder. Seine Atemzüge treiben die Gestirne an, seine Launen zerreißen die Schleier der Zeit. Kein Gebot, kein Eid, keine Formel der Menschen kann es bändigen. Denn es ist der Ursprung, der Traum, der alles hervorbringt und alles verschlingt. Und in diesem Zentrum, an der Wurzel aller Dinge, ruht der, den ich im Traum erblickte und dessen Name wie ein Bann in meinem Herzen brennt: Azathoth.

Beinamen hat er viele; der blinde Idiotengott, der Herr der wirbelnden Sphären, die letzte Unendlichkeit. Er thront im Kern der Schöpfung und doch weiß er nichts von ihr. Er ist der mächtigste aller Götter, doch ist sein Wesen von Vernichtung und Chaos gezeichnet. Um ihn sammeln sich formlose Diener, die in endlosen Reigen tanzen. Sie blasen auf Flöten, deren Klänge die Ordnung der Sterne bestimmen, während dumpfe Trommeln den Puls der Welten schlagen.

So sah ich ihn, nicht mit meinen Augen, sondern direkt in meinem Geist, auf eine Weise, die meinen Verstand beinahe zerbrach. Ich sah einen Thron, der nicht aus Stein oder seltenem Erz gefertigt war, sondern aus nichts als kochendem Feuer und brodelndem Staub bestand. Und auf ihm hockte die Leere selbst. Er bebte in sich, und aus diesem Beben entsprangen Sonnen, Nebel und Finsternis.

Die Flöten und Trommeln, deren Klang ich in jenen Nächten vernahm, sind nicht von Menschenhand geschaffen. Ihre Töne sind nicht Musik, sondern der Widerhall der Entstehung und des Untergangs. Wer sie hört, verfällt dem Wahnsinn, denn ihre Schwingungen zerreißen den Verstand.

Hüte dich, o Leser, den Namen des Nuklearen Chaos mit Leichtfertigkeit auszusprechen. Denn die Lippen, die ihn formen, zittern bald in Fieberträumen, und der Geist wird in den Mahlstrom gezogen. Ich selbst rief ihn nur im Traum, und schon beugte sich mein Herz dem Rhythmus seines Seins. Es war, als klopfte mein Blut nicht mehr nach irdischem Maß, sondern nach den Trommeln, die für seinen Thron schlagen.

So endet mein Zeugnis über den Ersten und Letzten, und ich schreibe es nieder, dass jene, die nach Wissen dürsten, erkennen: Wer in den Abgrund blickt, ruft den Abgrund herbei.

Das Tor und der Schlüssel →

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